„In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen" (Joh 14,2)
Liebe Leser:innen,
das Johannesevangelium gibt dem Abschied von Jesus einen ganz großen Raum: 6 von 21 Kapiteln, die das Evangelium insgesamt umfasst. Die Abschiedsworte sollen auf die Zeit vorbereiten, in der Jesus nicht sichtbar da ist. Ich finde den Satz Jesu: „In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen" (Joh 14,2) besonders tröstlich. Auf der einen Seite spricht er Geborgenheit aus. Das väterliche Haus Gottes lässt Erinnerungen an mein Elternhaus aufsteigen. Aber indem die vielen Wohnungen angesprochen werden, ist keine Enge mitgedacht. Es ist Raum da, der ganz unterschiedlich eingerichtet werden kann.
Wenn bei Trauerfeiern dieses Abschiedswort Jesu vorgelesen wird, denke ich an Wohnungen jenseits der Zeit. So wie Jesus am Kreuz stirbt und in Gottes Ewigkeit hinein aufersteht, so sollen wir wissen, dass wir ein Zuhause haben, das nicht vergeht.
In unserer Gemeinde kommen durch die Uni-Nähe ab und zu Studierende vorbei. Sie haben ihre Heimatgemeinde verlassen. Natürlich haben sie kein Heimweh (ich hätte das damals jedenfalls niemals zugegeben). Aber hätten sie Heimweh, dann sollte das in der Gemeinde Jesu, wo auch immer sie aufgesucht wird, gelindert werden. Die Botschaft der Kirchen ist: "Als Kind Gottes bist Du hier zuhause! Hier ist eine der vielen Wohnungen, die deinem Vater gehören.“
Ich hätte vor vier Jahren nicht gedacht, dass meine Zeit in der Heiligengeistgemeinde so schnell zu Ende gehen würde. Geplant hatte ich, nach 12 Jahren von hier aus den Ruhestand zu erreichen. Aber die Stelle meiner Frau war befristet und der Propst in Meldorf hat uns angeboten, dort jeweils mit 100 % zu arbeiten. Ich blicke also zurück auf vier Jahre, von denen die beiden ersten durch den Umgang mit Corona geprägt waren. Konzerte der Kantorei und Jazzandachten wurden angepasst. Der Konfirmand*innenunterricht fand online statt. Das Gemeindefest 2021 stand unter dem Gedanken der Inklusivität. Aber auch das Gefühl, die Isolation hinter sich lassen zu können, hat es beflügelt. Freizeiten und Gemeindefahrten, Beratungen über Kirchensanierungen, also das ganze Leben der Gemeinde und natürlich viele Gespräche gehörten zu den vier Jahren dazu.
Am Gründonnerstag wird mein letzter Gottesdienst in der Heiligengeistgemeinde sein. In der Osternacht soll ich die Predigt in der Johanneskirche Meldorf halten. In unseres Vaters Haus sind viele Wohnungen.
Ihr Jochen Hose